Lexikon

ESG-Rating

Was ist das ESG-Rating?

Die drei Buchstaben ESG stehen für Environment, Social, Governance und bedeuten Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Im Finanzwesen wird unter einem Rating die Einstufung der Bonität eines Emittenten (z.B. Unternehmen) bzw. eines Finanzproduktes1 verstanden. Das Rating bewertet somit die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Emittent seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen kann. Damit ist das Rating zum einen für Banken von besonderer Bedeutung, da diese für die Kreditvergabe eine Bonitätseinschätzung des Kreditnehmers vornehmen und diese u.a. in die Kreditkonditionen einfließt. Zum anderen ist das Rating vor allem für Investorengruppen von Bedeutung, die entweder per Gesetz (z.B. bei Pensionskassen) oder durch ihre eigenen Anlagerichtlinien (z.B. Kommunen) dazu verpflichtet sind, in besonders sichere Anlagen bzw. Anlagen mit sehr guter Bonität zu investieren.

Grundsätzlich wird zwischen bankinternen Ratings und bankexternen Ratings unterscheiden. Bankinterne Ratings werden von den Banken selbst/intern durchgeführt, während bankexterne Ratings von auf Ratings spezialisierten Unternehmen, sogenannten Ratingagenturen, durchgeführt werden2. Zu den bekanntesten Ratingagenturen zählen Moody’s, Standard & Poor‘s sowie Fitch Ratings.

Grundsatz der Nachhaltigkeit

Mit dem EU-Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums hat das Thema Nachhaltigkeit verstärkt Einzug in das finanzielle Anlagemanagement erhalten3. So sind u.a. institutionelle Anleger dazu angehalten, vermehrt Nachhaltigkeitsaspekte in den Entscheidungsprozess für Investitionen miteinzubeziehen. Eine einheitliche Definition für Nachhaltigkeit existiert jedoch nicht.

Eine gängige Definition für den Grundsatz der Nachhaltigkeit geht auf den Brundtland-Bericht von 1987 zurück. Der Bericht wurde von der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen veröffentlicht und definiert nachhaltige Entwicklung wie folgt4:

„Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, daß künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können."

Während der Grundsatz der Nachhaltigkeit im Sinne des Brundtland-Berichts teilweise auch im Anlagemanagement der Kommunen verwendet wird (u.a. Anlagerichtlinie Stadt Münster, 20155), wird der Begriff der Nachhaltigkeit im Finanzsektor, sowie speziell im Anlagemanagement, in der Regel im Sinne von ESG (Environment, Social und Governance) bestimmt6. Environment, Social und Governance bilden dabei die drei Säulen, auf deren Grundlage nachhaltige Investments bestimmt werden können.

Rating von nachhaltigen Anlagen

Das ESG-Rating greift die Bewertung von nachhaltigen Anlagen (bzw. auch Unternehmen) auf. Während die Bewertung klassischer Geldanlagen nach den ökonomischen Kriterien Rentabilität, Liquidität und Risiko erfolgt, werden nachhaltige Geldanlagen anhand ihrer Erfüllung der ESG-Kriterien bewertet.

Das ESG-Rating gibt Auskunft darüber, wie nachhaltig ein Emittent (z.B. Unternehmen) oder Finanzprodukt (z.B. Anleihe) ist, bzw. inwiefern die ESG-Kriterien innerhalb eines Unternehmens umgesetzt werden. Basierend auf dem ESG-Rating können Investoren somit feststellen, ob ein potenzielles Investment die eigenen Anforderungen an ein nachhaltiges Anlagemanagement erfüllt.

Das verstärkte Interesse an nachhaltigen Investments hat auch dazu geführt, dass sich vermehrt Unternehmen mit einer Spezialisierung auf ESG-Ratings am Markt etabliert haben. Nach einer Konsolidierungswelle sind die am Markt führenden Unternehmen ISS ESG, MSCI ESG, Sustainalytics sowie Vigeo Eiris mittlerweile mehrheitlich in amerikanischer Hand7. Trotz Konsolidierungswelle gibt es weitere Anbieter von Nachhaltigkeitsratings. So z.B. die Arabesque S-Ray GmbH mit Sitz in Frankfurt, an der u.a. das Land Hessen sowie die Helaba Digital GmbH & Co KG, Hauptgesellschafter der komuno GmbH, der digitalen Plattform für Kommunalkredite beteiligt sind.

ESG-Kriterien im Anlagemanagement

Der Begriff ESG hat sich vor allem im Rahmen des nachhaltigen Anlagemanagements etabliert und beschreibt die drei nachhaltigkeitsbezogenen Verantwortungsbereiche von Unternehmen8. Dabei verdeutlicht ESG, dass der Begriff der Nachhaltigkeit nicht allein auf die ökologische/Umwelt Komponente reduziert werden kann, sondern auch soziale Gesichtspunkte sowie Grundsätze einer guten Unternehmensführung berücksichtigt werden müssen.

Beispiele für ESG-Kriterien für Unternehmen sind:

Environment Social Governance
Klima Sicherheit und Gesundheit Risiko- und Reputationsmanagement
Ressourcenknappheit Ernährungssicherheit Compliance
Artenvielfalt Mitarbeiter Korruption

Quelle: Schindler, 2018

Die ESG-Kriterien spielen u.a. bei der Zusammenstellung eines nachhaltigen Investmentportfolios bzw. bei der Selektion nachhaltiger Investments eine entscheidende Rolle. Investoren können so direkt Unternehmen bzw. ganze Branchen als Investment ausschließen (Negativkriterien) bzw. Kriterien festlegen, die erfüllt sein müssen, damit ein Investment in Frage kommt (Positivkriterien)9. Als Beispiel für ein Negativkriterium könnte ein Investment in Unternehmen, die in die Produktion oder den Handel von Waffen involviert sind, ausgeschlossen werden.

Auch könnten Investoren festlegen, dass nur in Anleihen von Unternehmen investiert wird, deren Nachhaltigkeitsrating zu den 50 Prozent Besten des jeweiligen Sektors gehört. Letzteres wäre ein Beispiel für ein Positivkriterium kombiniert mit dem Best-in-Class-Prinzip. Hier legt der Investor Kriterien fest, die erfüllt sein müssen, damit Unternehmen als potenzielle Investments in Frage kommen. Das Best-in-Class-Prinzip schränkt den potenziellen Kreis an Investments dann zusätzlich auf die Unternehmen ein, welche innerhalb der Branche besonders gut bei den Kriterien abgeschnitten haben10.

ESG-Kriterien - Bedeutung für das Anlagemanagement von Kommunen

Die zentralen Eckpunkte der kommunalen Geldanlage sind Liquidität, Sicherheit und Rentabilität und ergeben sich aus den Gemeindeordnungen bzw. Kommunalverfassungen der Länder, sowie aus den Gemeinde- bzw. Kommunalhaushaltsverordnungen der. Bei der Abwägung zwischen Sicherheit und Rentabilität wird, sofern eine Anlagerichtlinie auf Seiten der Kommunen vorliegt, in der Regel der Sicherheit die höchste Priorität eingeräumt (u.a. Anlagerichtlinien der Bundesstadt Bonn; Anlagerichtlinien der Stadt Frankfurt am Main).

Jedoch hat auch auf kommunaler Ebene das Thema nachhaltige Geldanlage an Bedeutung gewonnen. Dies ergab eine Studie, die das KOWID Kompetenzzentrum Öffentliche Wirtschaft, Infrastruktur und Daseinsvorsorge an der Universität Leipzig in Kooperation mit der ING, komuno und S-Kompass von GiroSolution (Sparkassen-Finanzgruppe) und mit Unterstützung durch den Deutschen Städte- und Gemeindebund durchgeführt hat11. Damit werden die Kriterien Sicherheit, Rentabilität und Liquidität auch bei Kommunen um die ESG-Kriterien erweitert.

Die Gründe für nachhaltige Investments im Anlagemanagement sind vielfältig. Durch das im Jahr 2015 verabschiedete Pariser Klimaabkommen sowie den von der UN festgelegten nachhaltigen Entwicklungszielen hat das Thema nachhaltige Entwicklung in der Gesellschaft an Bedeutung gewonnen. Kommunen können durch nachhaltige Investments ihren Beitrag zur Erreichung dieser Ziele leisten. Zusätzlich kann die Nutzung nachhaltiger Anlagekriterien auch als zusätzlicher Risikofilter dienen, sodass Fehlinvestments in Branchen vermieden werden, die aufgrund von regulatorischen Entwicklungen oder Klimaschädlichkeit an Bedeutung verlieren.

Die zunehmende Berücksichtigung nachhaltiger Kriterien im Anlagemanagement wird auch dadurch deutlich, dass Kommunen diese in ihren Anlagerichtlinien festhalten. So haben z.B. die kreisfreien Städte Stuttgart und Münster in ihren Anlagerichtlinien Negativkriterien festgehalten, die eine Vermögensanlage in bestimmte Unternehmen ausschließen. So schließen z.B. beide Städte Kapitalanlagen in Unternehmen aus, die Atomenergie erzeugen (Anlagerichtlinie Landeshauptstadt Stuttgart, 201612; Anlagerichtlinie Stadt Münster, 201513). Um dem gestiegenen Interesse an nachhaltigen Anlagen auf Seiten der Kommunen nachzukommen, bieten Fondsanbieter spezielle auf Kommunen abgestimmte Anlagemöglichkeiten, die eine hohe Sicherheit und die Grundsätze der Nachhaltigkeit erfüllen. Als Beispiel wäre hier zu nennen der Fonds „Deka-Nachhaltigkeit Kommunal“ der Deka, der Emittenten anhand Kriterien für Umwelt, sozialer Verantwortung und Unternehmensführung bewertet und so z.B. Unternehmen die Landminen oder Streumunition herstellen direkt als Investment ausschließt14.

Quellen und Studien:

1 Rauscher, M. & Mehlhorn, M. (2020). Springer Gabler Verlag (Hrsg.), Gabler Banklexikon, Stichwort: Rating. https://www.gabler-banklexikon.de/definition/rating-60805/version-377206
2 Europäische Kommission (2018). Aktionsplan: Finanzierung nachhaltigen Wachstums. S. 10. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52018DC0097&from=EN
3 Hauff, Volker (Hrsg.): Unsere gemeinsame Zukunft. Der Brundtland-Bericht und die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung. Greven 1987. S. 51, Abs. 49.
4 Stadt Münster (2015). Nachhaltige städtische Finanzanlagen – Neufassung der städtischen Anlagerichtlinie. Anlage zur Vorlage V/0663/2015. https://www.stadt-muenster.de/sessionnet/sessionnetbi/vo0050.php?__kvonr=2004039225
5 BaFin (2019). Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken. S. 9. https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Merkblatt/dl_mb_Nachhaltigkeitsrisiken.html
6 Bürger, Tobias (2020). Konsolidierung und Amerikanisierung. Diese Trends treiben den Markt für ESG-Rating-Agenturen. Das Investment. https://www.dasinvestment.com/konsolidierung-und-amerikanisierung-diese-trends-treiben-den-markt-fuer-esg-rating-agenturen/
7 Haberstock, Philipp (2019). Springer Gabler Verlag (Hrsg.), Gabler Wirtschaftslexikon, Stichwort: ESG-Kriterien. https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/esg-kriterien-120056/version-369280
8 KOWID – Kompetenzzentrum Öffentliche Wirtschaft, Infrastruktur und Daseinsvorsorge e.V. (2020). Kommunales Zins- und Anlagemanagement in Zeiten digitaler Plattformen - eine empirische Studie. S. 44. https://www.dstgb.de/themen/finanzen/kommunalfinanzen/ergebnisse-zum-kommunalen-zins-anlagenmanagement/studie-komuno-200615.pdf?cid=8yl
9 Landeshauptstadt Stuttgart (2016). Anlagerichtlinien der Landeshauptstadt Stuttgart und der Stuttgarter Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH. Umsetzung des Grundsatzes der Nachhaltigkeit. GRDrs 547/2016. https://fossilfreestuttgart.files.wordpress.com/2016/07/grdrs-divest.pdf
10 Stadt Münster (2015). Nachhaltige städtische Finanzanlagen – Neufassung der städtischen Anlagerichtlinie. Anlage zur Vorlage V/0663/2015. https://www.stadt-muenster.de/sessionnet/sessionnetbi/vo0050.php?__kvonr=2004039225
11 Deka (2019). Verkaufsprospekt und Anlagebedingungen. Deka-Nachhaltigkeit Kommunal. Ausgabe Dezember 2019. S. 9. https://www.deka.de/mms/Deka-Kommunal_Euroland_Balance_VKP.pdf

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